Buchrezension Komposition von Albrecht Rissler

„Wer sehen kann, kann auch fotografieren. Sehen lernen kann allerdings dauern.“ – Leica

‚Eine Sehschule nicht nur für Fotografen‘ – Es war nicht der eigentliche Buchtitel, der mich ansprach. Sondern dieser Untertitel. Ich finde ja, dass es Menschen gibt, die mit einem fotografischen Auge gesegnet sind. Andere sind bei der Vergabe dieses Talents eher weiter hinten in der Reihe gestanden. Ich selber gehöre zu letzterer Kategorie, tue mich öfters schwer mit der kreativen Umsetzung eines Fotosujets. Deshalb dachte ich mir: Ein bisschen in die ‚Sehschule‘ zu gehen, schadet mir bestimmt nichts. Ob es sich auch für die Talentierten unter euch lohnt, in die ‚Sehschule‘ zu gehen? Das verrate ich in Kürze.

Eine wohltuende Abwechslung zum aufgeregten Instagram-Leben

Wie das Titelbild schon verrät, der Autor, Albrecht Rissler, präsentiert auf etwas über 190 Seiten nur Schwarz-Weiss-Fotos.

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Die Aufnahmen sind in Schwarz-Weiss bzw. in Graustufen wiedergeben, weil auf diese Weise die Kompositionsprinzipien, ohne Ablenkung durch Farbe, die bestmögliche grafische Wirkung entfalten. Albrecht Rissler  

Da stimme ich Rissler zu 100% zu! Fast beiläufig gibt es etwas, auf das Wesentliche reduzierten Text. Der liest sich leicht und flockig, man findet wenig Fachjargon. Rissler lässt die Bilder sprechen.

‚Komposition‘ ist übersichtlich in 10 Hauptkapitel gegliedert – jeder einzelne Teil beschäftigt sich mit einem der für Rissler relevanten Bildgestaltungsprinzipien. Eigentlich kann man nach dem Vorwort überall im Buch anfangen zu schmökern. Ich empfand es als eine Oase der Ruhe, darin zu blättern, Bilder zu betrachten und dazu die begleitenden Texte zu lesen. Eine wohltuende Abwechslung im heutigen aufgeregten, hochpolierten Instagram-Zeitalter!

Zeichner, Professor – und Fotograf

 

Der Autor, Albrecht Rissler, hat als Kind angefangen zu zeichnen – und nie mehr damit aufgehört. Schaufenstergestalter, Plakatmaler, freischaffender Grafiker, Illustrator, das alles findet sich in

Rissler’s Lebenslauf. Schon im Vorwort wird klar: Hier spricht nicht primär ein Fotograf mit dir, sondern ein Experte der Bildenden Kunst, ein Experte für Bildgestaltung.

 Albrecht-Rissler

„Die Malerei, sämtliche grafische Künste und die Fotografie verbindet die Aufgabe, vorgegebene Formate zu gestalten.“ Albrecht Rissler

10 gut strukturierte Kapitel, mit Tipps zum Nachmachen

Steht im ersten Kapitel ‚Formate‘ noch die – wohl allseits – bekannte Drittelregel im Zentrum, zeigt Rissler ausführlich wie man sich Diagonalen zu Nutzen machen kann sowie mit einem Perspektivenwechsel und auch mal durch Gitter blickend eine ganz andere Bildwirkung erzielen kann. Kontraste, Licht und Schattenspiele, Schärfe und Unschärfe sowie Strukturen sind die Kapitel und Schwerpunkte des zweiten Buchteils.

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Speziell angesprochen hat mich das Kapitel ‚Anschnitt und Ausschnitt‘. Mir wurde wieder einmal bewusst, dass das ‚Croppen‘ nicht primär eine Nachbearbeitungsgeschichte ist:

Die clevere Wahl des Bildausschnitts ist bereits beim Drücken auf den Auslöser das A und O einer guten Bildaussage. Wahrscheinlich nicht Rissler’s Steckenpferd ist die spontane Reportagefotografie. Dieses – das letzte – Kapitel ist etwas gar kurz ausgefallen. Gerne hätte ich da etwas mehr darüber gelesen.

[…] der Bildgegenstand kann von oben, aus den seitlichen Begrenzungen des Formats oder diagonal aus den Ecken hereinragen – so wie das Kettenkarussell in Salzburg.

Übrigens: In jedem Kapitel finden sich ein paar Tips, wie man beim nächsten Fotoshooting das eine oder andere Thema mal für sich selber praktisch vertiefen kann.

Fazit: Eine Bereicherung für Salontisch und Fotografenbibliothek

Selbst mir als Hobbyfotograf war die ganz am Anfang vorgestellte Drittelregel keine Unbekannte. Dennoch hat mir Rissler’s Sehschule einige neue Anregungen gegeben, die ich gerne bei den nächsten Fotoshootings ausprobieren möchte. Der absolute Profi-Fotograf wird wohl nicht mehr so viel neues in ‚Komposition‘ entdecken. Dennoch: ‚Komposition‘ ist weniger ein Lehrbuch, als ein anschaulicher Bildband, den man gut und gerne auch auf dem Salontisch mal vergessen kann. Der eine oder andere – auch Nicht-Fotograf – wird gerne darin blättern und die vielen sehr gelungenen Aufnahmen betrachten. In diesem Sinne ist das Buch wirklich eine spannende ‚Sehschule‘ – nicht nur für Fotografen. Es ist auch eine Bereicherung für jede Hausbibliothek.

Autor: Raphael Wermuth

Raphael Wermuth ist ein passionierter Hobbyfotograf. Gemeinsam mit seinem Sohn entdeckt er schöne Orte auf der ganzen Welt und teilen ihre Passion für die Landschaftsfotografie. Du findest die beiden auf instagram: @raphaelwermuth und seinen Sohn Janic @jwpictures1.

Tags: Buchtipp

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